Wie funktioniert der Verkehr?

„… wie sollen denn 10.000 Bewohner und nochmal 7.000 BKA-Mitarbeiter jeden Tag da hin und wieder zurück kommen? …“

Wer einen Blick auf die Landkarte wirft, wird feststellen: Das „Ostfeld“ ist bestens erschlossen. Verkehrsgünstige Lage würde ein Immobilienmakler sagen. Es gibt rund um das Gebiet drei Schnellstraßen: A66, A671 und B455. Kein Ort in Wiesbaden hat eine bessere Verkehrsanbindung als das Ostfeld. (Nicht vergessen: Das Wiesbadener Kreuz liegt eigentlich in Hofheim)

Wie funktioniert der Verkehr am Ostfeld? Wilma will's wissen. Wiesbaden will's wissen.
© 2023 OpenStreetMap.org und Mitwirkende

Also alle Fragen zum Verkehr beantwortet? Nein.

Die Stadtverordnetenversammlung hat am 17. September 2020 beschlossen, dass das „Ostfeld“ eine Schienenanbindung bekommen muss. Die Politiker in Wiesbaden haben sich gedacht – dann bauen wir doch eine „Citybahn“. Dumm nur, dass Bürgerinnen und Bürger am 1.11.2020 mit 62,1% dagegen gestimmt haben.

Die Citybahn ist gescheitert.

Nicht nur die Stadtverordneten haben beschlossen: Es muss eine Schienenanbindung geben. Auch die Regionalversammlung Südhessen hat das zur zwingenden Auflage gemacht. Eine Schienenanbindung und zwar für beide Teile des Entwicklungsgebiets, also für BKA und „urbanes Wohnquartier“.

Wie geht’s weiter?

Für das BKA ist ein Haltepunkt an der Ländchesbahn geplant. Kann man machen, ist weder überraschend noch besonders ambitioniert.

Spannend wird es erst, wenn man sich die Frage stellt: Wie soll eine „Schienenanbindung“ für das Wohnviertel realisiert werden?
Da gibt es zwei Optionen:

a) eine Straßenbahn (früher „Citybahn“ genannt) oder
b) eine Eisenbahn.

Und wo ist der Unterschied?

Der Unterschied liegt in der Spurweite, der Größe des Schienennetzes und natürlich in den Kosten. Wie wir oben gelernt haben, scheidet eine Straßenbahn aus. Die wurde in Wiesbaden nämlich abgelehnt.

Bleibt also nur die Eisenbahn, in Normalspurweite, also 1435 mm. Das bekannteste Beispiel hierfür ist das Netz der Deutschen Bahn mit der S-Bahn, dem Regionalexpress (RE) und so weiter.

Ok cool. Dann baut doch einfach eine Eisenbahnstrecke. Kann doch nicht so schwer sein, oder?

Leider wird das gar nicht so einfach…

Denn erstmal muss entschieden werden, wo verläuft die Strecke und wo soll ein Bahnhof hin. Außerdem liegt das Ostfeld auf einem Berg. Dem „Petersberg“. Wenn man z.B. von der Mainzer Umgehungsbahn eine Schiene zum Ostfeld verlegen will, müssen rund 35 Höhenmeter überwunden werden. Für eine Eisenbahn auf so kurzer Distanz ist das viel! Und dann kommt die Frage: in einem hoch verdichteten Wohngebiet für 10.000 Menschen ist noch Platz für einen S-Bahn-Haltepunkt? Vielleicht. Am einfachsten wäre das unterirdisch. Aber unterirdisch heißt auch teuer.

Die Aktionsgemeinschaft „Hände weg von Os/Ka“ hat die Kosten einmal grob überschlagen und kommt auf rund 134 Millionen Euro. Das war allerdings im Februar 2022, Preisstand 2021.

Das ist eine realistische Größenordnung. Zum Vergleich: Die Wallauer Spange mit 4 km Länge kostet rund 175,6 Millionen Euro (Stand 2020).

Wird es Staus in Erbenheim geben?

Die gibt es jetzt schon. Wer schonmal längere Zeit in der Berliner Straße im Stau gestanden hat, weißt das. Wird es durch das Ostfeld oder das BKA besser werden? Nein, davon ist nicht auszugehen.

Durch den zentralen Standort einer Bundesbehörde wird mehr Verkehr erzeugt. Die Mensch die dort Arbeiten wollen halt zur Arbeit… Es wird also weiterhin einen Verkehrskollaps in Erbenheim geben.

Wie war das mit dem „autofreien“ oder „autoarmen“ Stadtteil?

Wie die Stadtverordnetenversammlung 2020 beschlossen hat, soll das Wohngebiet ‚autofrei‘ sein:

„Das Stadtquartier wird so gestaltet, dass im Ostfeld ein überwiegend MIV-freier Stadtteil mit Quartiersgaragen entsteht.“

Wer aber einen Blick auf die Karte wirft, sieht: Das Verkehrsmittel PKW ist hier konkurrenzlos. Egal wie gut eine ÖPNV- bzw. Schienenanbindung sein mag, mit dem Auto ist man sofort auf der Autobahn. Und in wenigen Minuten in Mainz, Frankfurt oder Darmstadt.

Und wer erstmal ein Auto besitzt (das dann in „Quartiersgaragen“ parken soll und nicht mehr vor der Haustür) braucht sich ja keine Fahrkarte mehr zu kaufen – das Auto ist ja schon da, wird bezahlt und bringt einen überall hin. Soviel zur Verkehrswende.