Für wen brauchen wir Wohnraum?

Vorab: Was ist denn jetzt mit der Bevölkerungsentwicklung? Geht die rauf oder runter?

WiLma erklärt im Video, was es mit der Bevölkerungsentwicklung und den unterschiedlichen Prognosen für Wiesbaden auf sich hat.

Das Hessische Statistische Landesamt (HSL) prognostiziert eine deutlich schrumpfende Bevölkerungszahl für Wiesbaden – bedingt durch den demographischen Wandel. Ein letzter Zuwachs um 200 Einwohner wird im Jahr 2023 erwartet, danach sinkt die Bevölkerungszahl bis 2030 um 2.000 und um weitere 7.000 bis zum Jahr 2040.

Wiesbaden schrumpft um insgesamt 11.500 Einwohner bis 2050, sagt das statistische Landesamt.

Die Stadt Wiesbaden rechnet dagegen bis Ende 2040 mit einem Zuwachs um 32.500 Einwohner. Die Marke von 300.000 (plus 4.000 Einwohner) soll im Laufe des Jahres 2025 „geknackt“ werden. Dabei generiert das Angebot die Nachfrage.

Was bedeutet „Angebot generiert Nachfrage“?

Die Stadt räumt bei ihren Berechnungen ein:

„Ab den 2030er Jahren wird die Bevölkerungsentwicklung etwas spekulativer, ist sie doch direkt abhängig von Bauprojekten, die heute noch am Beginn der Planungen stehen. Hierzu zählen beispielsweise die Entwicklung des Ostfeldes, die Umwandlung des AAFES-Geländes in Kastel oder die ,Perspektivfläche West in Dotzheim/Schierstein.

Werden alle ,Wohnbaupotentiale‘ und ,perspektivischen Entwicklungsflächen‘ ausgeschöpft, so ist mit einem kräftigen Bevölkerungswachstum bis zum Ende des Prognosehorizonts zu rechnen.“

Quelle: Amt für Statistik und Stadtforschung Wiesbaden, Vorausberechnung der Wiesbadener Bevölkerung und Haushalte bis 2040, Juli 2023

Wiesbaden wächst also nicht „aus sich selbst heraus“, sondern die Bautätigkeit – sofern sie stattfindet – sorgt erst dafür, dass Wiesbaden wächst.

Also haben wir ausreichend Neubaupotential auch ohne das Ostfeld?

Ja! Wiesbaden hat aktuell Potenzial für 13.300 zusätzliche Wohneinheiten anhand konkreter Projekte , die zum Teil bereits in verschiedenen Stadien der Projektentwicklung sind – das alles ohne Ostfeld und Westfeld!

Es besteht bereits jetzt ausreichend Wohnraum im oberen Preissegment (12 Euro/m2 nettokalt und mehr.

Eindeutig zu wenig Angebot besteht bei preisgünstigem Wohnraum bzw. öffentlich geförderten Wohnungen. Im Jahr 2019 waren in Wiesbaden 3.364 bewerbende Haushalte registriert.

Zwar entstanden von 2017 bis 2021 insgesamt 3.207 neue Wohnungen, trotzdem sank der Bestand an Sozialwohnungen um 1.579 (Quelle: Statistisches Jahrbuch der Stadt Wiesbaden, 2021 – Bauen und Wohnen, Seite 11).

Für wen brauchen wir Wohnraum?Wilma will's wissen. Wiesbaden will's wissen. Mehr Wiesbaden wagen.  Die Zahl der Sozialwohnungen in Wiesbaden ist drastisch geschrumpft!
„Ein hoher Rückgang des Anteils an öffentlich geförderten Wohnungen ist vor allem in den Großsiedlungen des sozialen Wohnungsbaus aus den 1960er- und 1970er Jahren zu verzeichnen. Hier laufen die Belegungsbindungen sukzessive aus. So verzeichnet der Planungsraum „Schelmengraben“ ein Minus in Höhe von 64,7 Prozent, „Klarenthal-Nord“ ein Minus in Höhe von 32,3 Prozent sowie „Gräselberg“ ein Minus in Höhe von 25,7 Prozent.“

Quelle: Bericht „Zur Wohnraumversorgung von Wiesbadener Haushalten mit niedrigem Einkommen 2021“, Seite 13

Warum hilft das Ostfeld nicht dabei, mehr Soziawohnungen zu schaffen?

WiLma erklärt im Video, warum „bauen, bauen, bauen“ in Ostfeld und Westfeld keine Lösung für die aktuell fehlenden Sozialwohnungen ist.

Gerade das immer wieder bemühte Argument, mit der Bebauung der landwirtschaftlichen Flächen im Ostfeld ließe sich die Wohnungsnot in Wiesbaden eindämmen, ist nicht haltbar.

Die Stadtentwicklungsmaßnahme (SEM) Ostfeld verhindert sogar den Bau von Sozialwohnungen, denn sie produziert nach heutigem Stand ein städtisches Defizit in dreistelliger Millionenhöhe (minus 188 Mio. Euro, Stand 2023).

Sie verbraucht zudem heute schon Gelder (2023: 5 Mio. Euro, 2024: voraussichtlich 35 Mio. Euro), die zeitnah für die Schaffung von Sozialwohnungen genutzt werden könnten, z.B. durch die Verlängerung von Preisbindungen bei Sozialwohnungen, Umnutzungen von Leerständen oder den Bau auf günstigeren, da bereits voll erschlossenen, Konversionsflächen.  

Lösungswege

Mit Anreizen gegensteuern, bestehenden geförderten Wohnraum weiterhin in der Bindung zu halten! Dazu benötigt die Stadt Wiesbaden natürlich finanzielle Mittel, die sie aktuell in einem Projekt mit ungewissem Ausgang versenkt: Das Ostfeld.

Auch Sanieren im Bestand wäre ein Lösungsweg, der sich sofort umsetzen ließe und ein „Schlüssel für mehr bezahlbaren Wohnraum und Klimaschutz ist“, heißt es in einer gemeinsamen Pressemitteilung von Umweltbundesamt (UBA), Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV) sowie dem Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen (BMWSB) vom 20. Februar 2023.